STEINORTER GESCHICHTE(N)

Die „Steinorter Geschichte(n)“ sind eine Auswahl aus der jahrhundertealten Geschichte des Gutes der Grafen von Lehndorff im ostpreußischen Masuren. Sie sind ein Ergebnis der Arbeit an der digitalen Quellenedition: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert.

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Zahlreiche Adelsfamilien haben sich im 19. Jahrhundert mit ihrer Herkunft beschäftigt. Das Königsberger Archiv hatte mit seinen wenigen Mitarbeitern alle Hände voll zu tun, neben den Amtsgeschäften für Familien zu arbeiten, die ihre Papiere und Dokumente ins Archiv geschickt hatten. Gegen Entgelt schufen die Archivare daraus chronologisch geordnete Sammlungen und Familiengeschichten. Für einzelne Abschriften, wie sie Gräfin Anna von Lehndorff wünschte, blieb dabei keine Zeit. Aber wenn sie einige hunderte Taler darauf verwenden und sämtliche Lehndorffschen Familienpapiere dem Archiv anvertrauen würde, könnte sie binnen Jahresfrist eine Familiengeschichte erhalten, hatte man ihr 1862 geschrieben.

Den Grund zur Beschäftigung mit der Familiengeschichte hatte zehn Jahre zuvor ein Nachlassverfahren gegeben. Die beizubringenden Dokumente hatte man im  Archiv nicht finden können und im März 1855 den Königsberger Archivar George Adalbert von Mülverstedt beauftragt, von dem man sich weitere Recherchen über die Familiengeschichte erhoffte. Den nächsten Anstoß gab die Abfassung der Familiengeschichte für die Präambel der Fideikommissurkunde in den 1850er Jahren. Wieder erbat sich Lehndorff von Mülverstedt Hilfe. In der Einleitung zur Urkunde heißt es: Die in der Provinz Ostpreußen belegenen Steinortschen Güter mit ihren gegenwärtigen Vorwerken Groß Steinort, Klein Steinort, Labab, Stawisken, Taberlack, Stobben und Kittlitz sind mit hoher Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts unter dem Namen der Steinortschen Wildnis meinen Vorfahren, den Herren von Lehndorff, verliehen. Neben dieser Aufgabe über-nahm der Archivar die Abfassung einer „Stammbaum-Ahnentafel“, Material für seine eigenen Forschungen und späteren Veröffentlichungen. Schon 1856 war Mülverstedts Aufsatz über „Ursprung und Alter des Gräflich von Lehndorffschen Geschlechts“ erschienen du zugleich der Genealogen-Streit zwischen Mülverstedt und Gustav Sommerfeldt über die Herkunft der Familie entstanden.

Mülverstedt selbst konnte sich dem Projekt einer Familiengeschichte nicht widmen. Er hatte Königsberg verlassen, um das Archiv der Landstände der Mark Brandenburg zu ordnen. 1858 wurde ihm die Leitung des Provinzialarchivs in Magdeburg anvertraut. Möglicherweise sollten deshalb vorerst Biographien über Persönlichkeiten aus dem Hause Lehndorff erscheinen. Zwischen November 1855 und Juli 1856 hielt sich Wilhelm Hosäus in Steinort auf, um Material für ein Buch über den Oberburggrafen von Lehndorff zusammen-zutragen, das 1867 erschien. Im Sommer 1893 trug Gräfin von Lehndorff dem in Friedrichstein über die Grafen von Dönhoff arbeitenden Rudolf Philippi an, eine Lebensgeschichte des Grafen Ahasver Heinrich zu verfassen, nachdem sie ihn mit Archivalien zur gemeinsamen Familiengeschichte versorgt hatte. Philippi kam über das Jahr 1499 nicht hinaus, zu mühsam war die Arbeit aufgrund mangelnder Übersicht und Ordnung.

Obwohl die Familie spätestens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert begonnen hatte, ihre Geschichte anhand der Quellen zu recherchieren, sind Hinweise auf die Herkunft rar. So heißt es, die Familie sei 1328 nach Preußen gekommen, habe das Gebiet der Steinortschen Wildnis erhalten, es kultiviert und sei noch immer dort ansässig, an anderer Stelle, sie sei mit dem deutschen Orden im 13. Jahrhundert nach Preußen gekommen, dem Haus Brandenburg immer mit der größten Treue und Anhänglichkeit zugetan gewesen und hätte ansehnliche Stellen in Preußen bekleidet. In der Leichenpredigt auf den Amtshauptmann von Rastenburg Meinhard von Lehndorff war es unbestimmt formuliert. Er sei aus den uralten adligen Häusern derer von Lehndorff und Kannacher ent-sprossen, die der Hohen Herrschaft und fremden Potentaten in und außerhalb des Landes ritterliche Taten und nützliche Dienste treu geleistet hätten.  Meinhard von Lehndorff (1590–1639), häufig als Stammvater der Fami-lie bezeichnet, war der Sohn von Sebastian von Lehndorff, Amtshauptmann zu Oletzko, und Judith von Kanna-cher. Er war der Enkel Kaspar von Lehndorffs und hatte noch mindestens sieben Geschwister. 1623 war er mit Elisabeth Freiin zu Eulenburg die Ehe eingegangen, die ihn überlebte. Von den 14 Kindern waren die meisten sehr jung verstorben.  In einem „Verzeichnis derer von Adel ausm Natangischen, so zu Königsberg mit Zulass der Herrschaft ihren Erbeid geleistet“, wird er neben Albrecht von Rauter aus dem Bartenschen, Hans von Rauter aus dem Balgaschen und Fabian von Hohendorff aus dem Angerburgischen Raum genannt. Meinhards Enkel Kaspar war Hofmeister Herzog Albrecht Friedrichs.

Möglicherweise reichen die Wurzeln der Familie in Preußen über das 14. Jahrhundert zurück. Mülverstedt nennt nach dem Sold- und Schadenbuch von 1466 einen Nickel Lehndorff, der mit einem Pferd dreizehn Jahre gedient hatte. Eine Beziehung zwischen dem als Zeuge in einer Urkunde vom 11. März 1299 genannten niedersächsischen Edlen Heincze von Mul (Heinzo de Mul) und den späteren Inhabern des Gutes ist urkundlich nicht zu belegen. Heincze waren 1284 seine Güter bestätigt worden, zu denen Maulen im nördlichen Teil der Komturei Brandenburg im Kirchspiel Haffstrom, an der Nordostspitze des Frischen Haffs gelegen, gehörte. Zumindest würde dessen Name auf einen deutschen Ursprung hinweisen, da urkundlich vorkommende Prußen bis weit in das 14. Jahrhundert keine deutschen Vornamen führten, erst um die Mitte des Jahrhunderts trugen sie bisweilen deutsche und prußische Vornamen nebeneinander. 

So beginnt die gesicherte Stammreihe der Familie mit Jacob, gesessen auf Maulen. Jakob gehörte möglicherweise wie der aus dem nördlichen Teil der Komturei Brandenburg stammende Lukas von der Lauthe zu den dem deutschen Orden folgenden Siedlern. Wahrscheinlich bekleidete er ein Verwaltungsamt, was es ihm ermöglichte, Güter zu erwerben, und hatte nicht als Söldner, sondern bereits im Besitz des Rittergutes Maulen als Landritter oder adliger Einsasse am Bundeskrieg von 1454 bis 1466 teilgenommen, in welchem die Handfeste seiner Vorfahren verloren ging.

Offen bleibt das ‚woher‘ der Adelsfamilie, worüber seit dem 18. Jahrhundert die Meinungen auseinander gingen, indem man die Herkunft nach Österreich, Ungarn, Sachsen oder Westfalen, nach Pommerellen und in das Kul-merland verlegte. Mülverstedt hatte dieses Unwissen mit dem Mangel fortlaufender Lehnbücher und dem Ver-lust von Urkunden erklärt, wodurch bereits bei den ältesten preußischen Genealogen wie Johann (Hans) Hen-nenberger, Zacharias Hartung und Friedrich Rabe Verwirrungen entstanden seien, selbst aber möglicherweise zu weiterer Verwirrung beigetragen, indem er Familienverbindungen konstruierte, die sich als unhaltbar erwiesen.  Anna Gräfin von Lehndorff war daran wohl nicht unschuldig. Sie wolle nicht glauben, dass die Familie eingewandert und keine Verbindung mit dem Legendorffschen Stamm habe, da sie im 16. Jahrhundert so her-vorragend auftritt, hatte sie Mülverstedt im Februar 1862 geschrieben und ihn auf die ungeordneten Urkunden und Briefe des Archivs aufmerksam gemacht. Dabei hatte sie sowohl auf die Urkunde über die Verleihung der Wildnis vom 6. April 1554 Bezug genommen, als auch auf die Belehnung des Thomas Surwille mit 120 Hufen zu Taberlack 1397 und die späteren Kaufverträge über Taberlack.

Die Mülverstedt gefolgten Königsberger Archivare Friedrich Meckelburg und Emanuel von Korff ließen sich anscheinend nicht instrumentalisieren. Joseph Benders „Kleine Chronik 1202 bis 1513“ (1867) fand nicht die Zustimmung Annas. Mülverstedt sollte ihr in Königsberg eine Persönlichkeit nennen, der sie die Forschung im Provinzialarchiv anvertrauen könne. Von einer Familiengeschichte könne nicht die Rede sein, bevor nicht authentische Nachrichten über die frühere Geschichte der Familie vorhanden sind.

Warum sie Voigts Namen-Codex der Deutschen Ordens-Beamten, der 1843 in Königsberg erschienen war, nicht nutzte, bleibt ihr Geheimnis. Sie hätte lesen können, dass der Name Lehndorff oder Maul weder bei den Amtsträgern des Ordens, noch unter den adligen Kreuzfahrern, den Teilnehmern an der Tannenberg-Schlacht, den Söldner-Hauptleuten oder Söldnern seit dem Dreizehnjährigen Bundeskrieg genannt wird. Deutlich wird, warum sie sich um eine Verbindung zu den Stanges bemühte, die Komture des Ordens gestellt, an der Schlacht bei Tannenberg und der Verteidigung der Marienburg teilgenommen hatten.

1891 wünschte Hanns von Zobeltitz, Schriftleiter der der „Gartenlaube‟ nachempfundenen Zeitschrift „Daheim. Ein deutsches Familienblatt mit Illustrationen‟, einen Artikel über die Lehndorffs, in dem möglichst viel Persönliches erwähnt werden sollte. Die Abfassung übernahm Karl Eduard Schmidt-Lötzen. Heinrich von Lehndorff, dem Anna den Artikel vorgelegt hatte, bemerkte entgegen der Fakten, dass bei den Geschlechtern, die das Land in Besitz nahmen, das unsrige als das prußische hätte hervorgehoben sein können, dass den Ort am Stein in der Wildnis bekam. Indiskretionen habe er nicht gefunden, und wenn sie bei der Abfassung helfen würde, könnte der Artikel auch für größeres Publikum interessant werden. Der Artikel wurde im Daheim nicht gedruckt. Stattdessen erschien in der Neuen Preußischen Zeitung der Beitrag „Steinort und die Lehndorffs“ von Karl-Eduard Schmidt in Lötzen.

Kurz darauf stand das Archiv der Forschung nicht mehr zur Verfügung. Heinrich von Lehndorff hatte Gustav Sommerfeldt mehrfach versichert, dass die, wertvollsten Bestände nach Königsberg überführt seien, wo sie unter Verschluss gehalten würden.  Heinrich von Lehndorff verstarb am 25. April 1905. 1906 bedauerte Sommerfeldt, dass man über die Abstammung der Grafen von Lehndorff erst urteilen könne, wenn das Familienarchiv wieder zugänglich sei. Später schrieb der Direktor des Königsberger Staatsarchivs, der verschiedene Familienarchive besucht hatte, das Archiv in Steinort gehöre zu denen, die in keinem glücklichen Zustand seien. Dessen Besitzer habe sein Desinteresse erklärt, doch werde er es nicht von Steinort fortgeben. Er würde sich freuen, wenn er für einige Monate sein Gast sein und das Archiv ordnen wolle. Die im Berliner Lokal-Anzeiger 1941 erschienene populär geschriebene Geschichte der Lehndorffs in der Zeit der Tatareneinfälle war vor 1945 die letzte Veröffentlichung über die Familie.

Am Mauersee waren zur Ordenszeit nur drei Adlige ansässig: Friedrich von Partcz in Pilwe, Mathes von der Goyer in Guja und Hans von Thyergarde in Thiergarten. 1388 erhielt Hans Surwille vom Hochmeister Konrad Zöllner von Rotenstein eine Handfeste über 30 Hufen zu Kulmer Recht mit der Pflicht zu einem Dienst in leichter Rüstung. 1397 wurde dem aus Litauen stammenden Ritter Thomas Surwille, Pfleger in Rastenburg, durch Hochmeister Konrad von Jungingen die Steinortsche Wildnis und damit das Gebiet der späteren Lehndorffschen Güter verliehen.

Erst ab diesem Zeitpunkt finden wir Belege für den Besitz der Familie Maulen/Lehndorff in der Wildnis, denn eine Veräußerung war nur mit Genehmigung des Ordens möglich, da die Ausgabe eines Lehens mit der Verpflichtung des Belehnten zum Kriegsdienst verbunden war.. Formell musste das Land also zunächst an den Lehnsherrn zurückgegeben werden, bevor dieser es an den neuen Besitzer ausgab.  Am 12. August 1423 gelangte das Gut Taberlack (mit nur 47 Hufen) in den Besitz des Lehndorffschen Vorfahrs Jacob von Maulen (1390–1457) und des Lukas von der Lauthe.  Wahrscheinlich wurde Taberlack wie viele andere Zinsdörfer wieder verlassen, denn weitere Erwähnungen vor dem Jahr 1552 fehlen.  Möglicherweise vor 1423, sicher aber ab 1426 erwarb Jacob die 120 Hufen in der Steinortschen Wildnis aus dem Besitz des Thomas Surwille.  In den folgenden Jahren blieben Steinort und Taberlack unkultiviert.

Mit dem Namen Lehndorff zeichnet Jacobs Sohn Fabian (1426–1483), Hauptmann des Preußenbundes und im Brandenburgischen sowie in Heilsberg als Hauptmann nachweisbar, später polnischer Kastellan zu Elbing und Großvogt des Ermlands, erstmals 1464 nach seiner Vermählung mit der aus Westpreußen gebürtigen Margarete Stange von Legendorff, Erbtochter von Hans von Legendorff und Enkelin des kulmischen Landrichters Johann Stange von Legendorff. 1478 wurde Fabian Woiwode von Pommerellen.  Er hatte zwei Söhne und zwei Töchter: Fabian, Sebastian, Gertraud und Dorothea.

Fabians gleichnamiger Sohn (1469–1545), war eine der hervorragendsten Persönlichkeiten am Beginn der Herzogszeit. Er war Vogt von Heilsberg und wie sein Vater Großvogt des Bistums Ermland, später Pfandherr, dann Amtshauptmann zu Preußisch Eylau.  Im Ordensbriefarchiv des Deutschen Ordens begegnet er uns als Fabian von Maul, Fabian de Mulen oder Fabian von Maulen.  1520 erhielt er vom Hochmeister einen Geleitbrief und in einer undatierten Vollmacht wird er als Kommissar des Hochmeisters auf den Tag zu Graudenz genannt. Fabian war zweimal verheiratet, mit Anna von Krumteich und Katharina von Lichtenhain, und hatte sieben Kinder, von denen namentlich nur Kaspar, Fabian, Melchior, Dorothea und Elisabeth bekannt sind.

Sohn Kaspar von Lehndorff (1522–1576) zog im Dezember 1547 mit Hans von Heydeck nach Deutschland, um für den Herzog Kriegsvolk anzuwerben. Der erwartete Angriff erfolgte nicht, weder Heydeck noch Lehndorff mussten das Schwert zu ziehen. 1547 verschrieb ihm Herzog Albrecht das Amt Preußisch Eylau zum Pfand. 1564 wurde er Amtshauptmann zu Lötzen, 1570 herzoglicher Hofmeister und Kammerherr.  Kaspar heiratete 1552 Veronica von der Oelsnitz und nach deren Tod 1574 Susanna von Creytzen, Tochter des Oberburggrafen im Herzogtum Preußen Christoph von Creytzen, brandenburgischer Rat, Kammerherr und Gesandter und am 4. Mai 1572 von Kaiser Maximilian II. in den Reichsgrafenstand erhoben. Er hatte fünf Töchter, Dorothea, Katharina, Maria Anna, Veronika, und fünf Söhne, Melchior, Fabian, Friedrich, Sebastian und Kaspar.

In der tradierten Familiengeschichte spielte ein Bischof Lehndorff eine große Rolle. Dabei handelt es sich um Paul Stange von Legendorf (geboren um 1415 wohl in Legendorf bei Rehden im Kulmerland; gestorben 23. Juli 1467 in Braunsberg), kulmländischer Geistlicher und Fürstbischof des Ermlands. Er war vermutlich der Sohn des Kulmer Landrichters und Diplomaten des Deutschen Ordens Hans von Logendorf (Legendorf); der Woje-wode von Pommerellen und Stammvater der Grafen von Lehndorff war also sein Schwager. Die Familie Stange (Stango) wurde 1236 erstmals urkundlich erwähnt. Nachdem Pommerellen 1308–1466 vom Deutschen Orden erobert worden war, wurde ihr Landgut Logendorf (Legendorf) genannt, welchen Namen die Familie übernahm. Otto von Logendorff (Legendorf) lässt sich 1377 im Rehdenschen Gebiet nachweisen. Im Fall einer Verbindung der Stanges zur Familie in Steinort hätten die Lehndorffs nicht nur einen Bischof in der Ahnentafel, sondern auch auf eine uradlige Abstimmung zurückblicken. In dem 1855 aufgestellten Stammbaum bleiben jedoch Bischof Paul und der Landrichter „Johann oder Hans von Löhndorf“, der „Tumherr in Frauenburg“ Paul von Löhndorf und ein 1205 erwähnter Otto von Lehndorf (Kloster Dobrilug) in angemessener Entfernung vom eigentlichen Familiengeschehen. 

 

1551 hatte Kaspar von Lehndorff Herzog Albrecht von Brandenburg, 1511 bis 1525 letzter Hochmeister des Deutschen Ordens, dann erster Herzog von Preußen,  gebeten, das kulmische Recht für die Steinortsche Wildnis und das halbe Dorf Taberlack in Magdeburger Recht  für beide Geschlechter umzuwandeln. 1552 bewilligte der Herzog die Änderung der Rechtsform. Im selben Jahr bat Lehndorff um die Feststellung des Grenzverlaufs zu dem Dietrich von Schlieben gehörenden Serwillen und Taberlack. Drei Jahre später, 1554, bat Kaspar gemeinsam mit seinen Brüdern Fabian und Melchior Herzog Albrecht um eine neue Handfeste für das Gebiet, das ihre Voreltern über Menschen Gedenken besessen hätten, und die im vergangenen Kriege verloren gegangen sei. Der Herzog kam dem Wunsch noch im selben Jahr, am 6. April 1554, nach.

In der neuen Handfeste bestätigt er die Verschreibung von 120 Hufen  in der Steinortschen Wildnis mit dem Steinortschen See (Wargepiwa) und dem Kleinen Mauersee (Klein Mauer) sowie dem dortigen Werder einschließlich des halben Dorfes Taberlack (Daberlaucken) mit dem halben Schulzenamt und einem Krug, und zwar an Acker, Wiesen, Weiden, Heiden, Feldern, Wäldern, Büschen, Sträuchern, Fließen und Brüchen mit allen derselben Ein- und Zubehörungen, Obrigkeiten, Gerechtigkeit, Fischerei und aller anderen Nutzung, nichts ausgeschlossen, samt den Gerichten groß und klein, auch Straßengericht inwendig ihrer Grenzen zu magdeburgischem Recht und beider Kinder Rechten ohne mannigfache Verhinderung zu ihrem Lehen .

Die Grenze der Gemarkung begann am Mauersee (See Groß Mauer) an einem mit Eisen beschlagenen Pfahl, dem Stobben Zoge, am Gut des Georg von Hohendorff, d. h. an der Grenze zu Pristanien,  führte dann südwärts am Mauersee entlang bis zum Lehmberg, Bergfriede genannt, von hier zum Ort des Kleinen Steinorts und zum Ort des Großen Steinorts (wohl kleine und größere Steinhäufungen), weiter bis an den Werder des Kleinen Steinortschen Sees (See Warge Piwa), von hier zum Lababschen Fließbruch, das die Wildnis von der Rosengar-tener Feldmark scheidet, an der Rosengartener Grenze entlang durch den Iwenwald (Eulenwald) bis an das Lorenzbrücklein, und von hier durch das Erlenbruch auf die Damerau und durch das Wolfsbruch wieder bis an das Gut des Hohendorff, und an dieser Grenze entlang ostwärts bis zum Ausgangspunkt.

In der Handfeste wurde Lehndorff das Vorkaufsrecht auf die andere Hälfte von Taberlack zugesichert. Über die mit dem Grund und Boden verbundene Dienstpflicht erfahren wir in der Handfeste, dass er einen Reiterdienst mit Hengst und Harnisch zu leisten hatte. Letztmalig leistete die Familie am 22. Januar 1678 den Ritterdienst, als das Herzogtum Preußen durch schwedische Truppen bedroht wurde.

Da die Wildnis noch nicht urbar gemacht war, die Brüder 20 Freijahre erhalten. 1563 nutzte Kaspar von Lehndorff sein Vorkaufsrecht und erwarb von Leonhard Neblinger das dritte Viertel von Taberlack.  Nachdem Kaspar ein Bekenntnis über die Grenzen seines Besitzes abgelegt hatte, stellte Herzog Albrecht ihm am 29. Mai 1665 die zweite Handfeste über Steinort aus. In dieser Handfeste war nur noch Kaspar von Lehndorff Eigentümer von Steinort und besaß ¾ des Dorfes Taberlack, weshalb ihm ein Vorkaufsrecht auf das letzte Viertel eingeräumt wurde. Das Gut umfasste nun 172 Hufen und der Herzog gestattete den Bau einer Mühle und eines Kruges. Nach den bereits verstrichenen elf Freijahren war das Gut noch mit einem Dienst belastet.

Vorangegangen war eine Verabredung um die Aufteilung des Besitzes unter den Brüdern. Kaspar hatte die Lehen im Kreis Angerburg erhalten. Melchior (gest. 1601), später Hauptmann zu Balga, waren die Maulenschen Güter zugefallen. Er vermählte sich mit Anna von Creytzen, der Tochter des Oberburggrafen im Herzogtum Preußen, Christoph von Creytzen,  und vermehrte den Besitz durch den Erwerb des Gutes Wundlacken einschließlich des Kirchenlehns zu Haffstrom.  Fabian (1526–1596), Oberburggraf im Herzogtum Preußen und Hauptmann zu Preußisch Eylau, hatte im November 1554 von Herzog Albrecht die Woriener Güter erhalten, die er zu einem Vorwerk für seine Güter Blumstein, Rosenbaum und Paustern im Kreis Preußisch Eylau ausbaute. Er war verheiratet mit Dorothea von Packmohr. Damit blieb der umfangreiche Güterbesitz in der Steinortschen Wildnis ungeteilt.

1565 erwarb Kaspar den letzten Teil des Dorfes Taberlack einschließlich des Anteils am Krug und am Schulzenamt von Wilhelm Schenck von Tautenburg.  Über diesen en Besitz stellte Herzog Albrecht Friedrich am 28. Oktober 1570 eine weitere Handfeste aus.

Anlass zu einer weiteren Belehnung des Herzogs für seinen Rat und Hofmeister Fabian von Lehndorff am 20. August 1572 war die Erweiterung der Fischereigerechtigkeit auf dem Mauer-, Kirsaiten-, Dargainen- und Labab-See im Vorjahr und der Erwerb von zwei Hufen Wiesenland östlich der Ange-rapp. Zugleich bestätigte er den gesamten Lehnsbesitz zu Magdeburger und beider Kinder Rechten.

Im Jahrzehnt zwischen 1665 und 1575 hatte die eigentliche Besiedelung der Wildnis unübersehbar begonnen. Rodungen waren durchgeführt worden, Felder angelegt und Entwässerungsgräben gezogen. Gehöfte, Gärten und Wege waren entstanden, die mit den dichten Waldbeständen des Mauerseegebietes noch bis heute das Naturbild prägen. Labab wird 1565 als älteste Ortschaft genannt, es folgen der Hof in Steinort, Teiche (Stawisken), Groß Mauer (Kittlitz) und Klein Mauer (Stobben), das Vorwerk Steinort. Ein Bruchteil des Bodens wurde eigenbewirtschaftet, der Rest in Anteilen von 1 bis 2 Hufen an Bauern ausgetan, die dafür zur Zahlung des Zinses, zur Lieferung von Naturalien, vor allem aber zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet waren. Beides, die Einnahmen von den Bauern sowie deren Dienste, machten den Wert der Besitzungen aus. Zudem war Steinort mit einer Fülle von Gerechtigkeiten ausgestattet: der Fischereigerechtigkeit, dem Mühlen- und Krugrecht, dem Privileg der hohen und niederen Jagd und dem Recht, von den Gutsbauern Steuern zu erheben. Den Status des Rittergutes bestimmten dagegen die mitverliehenen Herrschaftsrechte: das große und kleine Gericht über die Untertanen und das Patronatsrecht.

 

Ahasverus Gerhard von Lehndorff (1637–1688) war der Sohn von Meinhard von Lehndorff, Erbherr zu Steinort und Taberlack, kurbrandenburgischer Oberstleutnant Amtshauptmann und Landrat zu Rastenburg. Seine Großeltern väterlicherseits waren Sebastian von Lehndorff und Judith von Kannacher. 1623 hatte Meinhard mit Elisabeth Freiin zu Eulenburg die Ehe geschlossen, aus der 14 Kinder hervorgingen, darunter Ahasverus Gerhard, der Jesuitenpater Boguslaw und der in polnischen Kriegsdiensten tätige Botho Heinrich. Die Töchter heirateten in die Familien von Auer, von Nettelhorst, von Packmohr, von Klingspor und von der Mülbe. Judith Katharina heiratete ihren Vetter, den kurbrandenburgischen Oberleutnant Fabian Melchior, Erbherr zu Labab, Taberlack und Stawisken.

Ahasverus Gerhard wurde mit zwei Jahren Halbwaise. Seine Mutter bestellte ihren Bruder Jonas Casimir Freiherr zu Eulenburg, Generalmajor und Hauptmann zu Brandenburg, zum Vormund und vertraute ihm dessen Bildung an. Der Onkel schickte Ahasverus auf die Jesuitenschulen in Braunsberg und Thorn, um ihm eine universale Bildung zu vermitteln. Lehndorff lernte Latein, Französisch, Italienisch und Polnisch in Wort und Schrift, was ihm später von Nutzen sein sollte. Im Gegensatz zu seinem Bruder Boguslaw blieb er trotz des Jesuiten-Einflusses der protestantischen Religion treu. Mit seinem Cousin Georg Friedrich zu Eulenburg und dem Hofmeister Dr. Simon Seeger, später kurfürstlicher Rat, absolvierte er als 19-Jähriger eine Kavalierstour, eine mehrjährige Bildungs- und Studienreise durch das westliche Europa.

Von 1656 bis 1663 durchreisten Ahasverus von Lehndorff und Georg zu Eulenburg Dänemark und Holland, wo Lehndorff Jura studierte, dann England, Frankreich, Italien, Malta und Spanien.  Beide führten dabei ein  Tagebuch und auch Briefe des jungen Eulenburg an seinen „Illustris Domine, Plurum honorante charissime Commilito“ Lehndorff sind erhalten. Ein Brief von Ahasverus an Helena Dorothea Freiin zu Eulenburg ist ein Bericht über die bisherige Reise. Überall seien sie wohlwollend aufgenommen worden, hätten Visiten gehabt, ihre Empfehlungsschreiben abgegeben und ihre Dienste angeboten. Der „Grand ballio de Mayorca“ und der Großmeister hätten sie mehrfach in ihrem Haus besucht, der Herzog von Braunschweig sie protegiert. Der Duc de Boullion habe sie ebenfalls aufgesucht und gefragt, ob sie auf seinem Schiff gut untergebracht gewesen wären. Sie hätten mehr Freiheiten als die Kavaliere des Adels. Allerdings bat er die „Frau Muhme“ auch um 1.000 Tlr. Aus den Instruktionen von Jonas Casimir zu Eulenburg für Sohn und Neffen kennen wir die mit der Reise verbundenen Erwartungen. Nicht der Erwerb großer Güter oder von Reichtum sollten sich die jungen Herren als Ziel stecken, sondern beide sollten Wissenschaften und Tugenden erwerben, um Gott, dem Vaterland und sich selbst und den ihrigen nützlich sein zu können. Er legte ihnen Fleiß nahe und untersagte Überfluss und Hoffahrt. So hatten sich mit einem Sommer- und einem Winterkleid pro Jahr zu begnügen.

Als 26-Jähriger kehrte Ahasverus nach Preußen zurück, um in die Dienste seines Landesherrn, des Großen Kurfürsten von Brandenburg zu treten. Als man sich über seine Verwendung im Staatsdienst nicht einig werden konnte, nahm er kurzerhand 1666 einen militärischen Auftrag des polnischen Königs Johann II. Kasimir an. Längere Zeit war er Befehlshaber der in Polen dienenden deutschen Truppen. Dabei erwarb er sich das Vertrauen des Königs, dessen Kammerherr er wurde, und auch von dessen Nachfolger, König Michael Koribut, der ihn 1669 zum Oberstleutnant ernannte, ihm ein Regiment anvertraute  und in sehr privater Angelegenheit, nämlich auf Brautschau, nach Wien schickte. „Und wenn es nach Indien wäre“, soll Lehndorff gesagt haben. Um der Reise nach Wien zu entgehen, machte er dem König später klar, dass er unmöglich sein Regiment verlassen könne. Während der Zeit am polnischen Hof blieb Lehndorff im Kontakt mit dem Kurfürsten von Brandenburg. Nach sechs Jahren in Warschau wurde er 1668 zum preußischen Hof- und Legationsrat ernannt und mit einer Sendung an den Bischof von Ermland und an den Großkanzler der Re-publik Polen wegen der bevorstehenden Wahl zum polnischen Thron betraut.

1669 erhielt er die Anwartschaft auf eine Hauptmannschaft in Preußen, die er 1674 mit Preußisch Eylau tatsäch-lich erhielt. 1671 verließ er Polen endgültig und wurde zum kurfürstlichen Kämmerer ernannt, nachdem sich Wilhelm III. Prinz von Oranien und Otto von Schwerin für ihn eingesetzt hatten. Wegen der treuen Dienste, Kriegserfahrung, Tapferkeit und Aufrichtigkeit verwendete sich Kurprinz Friedrich von Brandenburg für Lehn-dorffs Aufnahme in den Johanniterorden. Im selben Jahr wurde er Landrat im Herzogtum Preußen. Im Fran-zösisch-Niederländischen Krieg stand Lehndorff als Oberst im Dienst der Niederlande, die mit dem Kurfürsten von Brandenburg verbündet waren. Auf Bitte des Prinzen von Oranien war er von seinem Landesherrn sozusagen ‚ausgeliehen‘ worden, um die Holländer zu unterstützen.

Einer der weißen Pfauen schrie im Park, und der Tau tropfte von den alten Eichen. Die Ställe und Insthäuser lagen noch schweigend, und in wunderbarer Reinheit standen alle Umrisse gegen das wachsende Licht. Das gemähte Gras auf der Parkwiese duftete, und man konnte glauben, dass es der erste Morgen sei, der über diesem Land aufstieg.

Schloss Steinort, auf einer kleinen Anhöhe einer in den Mauersee ragenden Landzunge, ist ein imposanter Bau. Auch wenn es nach Größe und Funktion gar kein Schloss, sondern ein barockes Herrenhaus war, hat sich der Name über Jahrhunderte erhalten. Ursprünglich wurde das Haus von zwei langgestreckten Gebäudekomplexen flankiert. Der westliche, das Torhaus, zu nah an den Rand des Hügels gebaut, ist nicht mehr vorhanden. Vom östlichen stehen noch ein mehrgeschossiges Wirtschaftsgebäude und das Amtshaus. Jenseits davon befinden sich, angeordnet um zwei Höfe, Wirtschaftsgebäude, Ställe, Scheunen, geteilt von einem aus Feldsteinmauerwerk bestehenden Haus mit Gewölbekeller. Jenseits von Schloss und Gutsanlage liegt das kleine Dorf mit noch erhalten gebliebenen Insthäusern. Am südlichen Ufer des Sees befindet sich der Friedhof mit der Grabkapelle der Familie. Weitere Gebäude, die sich zum See hin befanden, wurden nach 1945 abgebrochen.

Es hatte zwei Vorgängerbauten gegeben. Das älteste Haus lag 620 Meter südöstlich der Südspitze der Steinortschen Halbinsel auf der heute nicht mehr existierenden Halbinsel Dargain. Nachdem um 1490 war die Angerapp zur Anlegung einer Wassermühle aufgestaut worden war, entstand das heute als Mauersee bekannte Gewässer. Upalten, zuvor eine Halbinsel, wurde dabei vom Mauerwald abgetrennt und zu einer Insel. Der gestiegene Wasserspiegel zerstörte das erste Haus, dessen Ruinen heute im See versunken liegen sollen. Wie es wohl ausgesehen hat? Das zwischen 1554 und 1572 auf der Anhöhe der Halbinsel errichtete zweite Haus soll ein Trippelhaus gewesen sein, bei dem jedes Einzelhaus von einem Satteldach überdeckt war.

Neben dem Hof Steinort gab es 1570 auf gutsherrlichem Land die Dörfer Teiche, Klein und Groß Mauer. Groß Mauer (Kittlitz) war 18 Hufen groß, die Feldmark noch nicht vermessen, so dass es später nur noch zehn Hufen waren. 1574 siedelten hier zehn Bauern, ein Gärtner und ein Hirte. Klein Mauer (Stobben) umfasste 32 Hufen, die 20 Bauern bewirtschafteten. Teiche (Stawisken) war 30 Hufen groß. Hier lebten 18 Bauern. 1574 muss das 16 Hufen umfassende Vorwerk Steinort durch Kaspar von Lehndorff angelegt worden sein. Hier wohnten fünf Gärtner und ein Ziegler. Klein Steinort entstand erst nach 1574.

Die Invasion der Schweden, die Verwüstungen der polnischen Truppen und die Einfälle der mit den Polen verbündeten Tataren trafen während des schwedisch-polnischen Krieg 1655–1660 auch Steinort. Am 31. October 1652 kamen des Herrn Generalwachtmeister v. Dörffling Völker in die Steinortschen Güter und blieben bis zum 17. November da. Es war dies ein Teil jener Truppen, mit denen der große Churfürst den Krieg zwischen Karl Gustav von Schweden und Joh. Casimir von Polen nach seinem Willen lenken wollte. Zu Taberlaken im Hofe war Obristlieutenant Haber mit 54 Reitern einquartiert. Im Dorfe Taberlaken lagen 85 Reiter mit 112 Pferden, in Pilwe 192 Reiter mit 173 Pferden, in Kittlitz 121 Reiter mit 153 Pferden. Außerdem, dass im Hofe Taberlaken 30 Ochsen zur Verpflegung dieser Leute geschlachtet und alle Kutsch- und Wagenpferde von ihnen mit weggeführt wurden, musste dem Obristlieutenant Haber auch noch Geld von Steinort geschickt werden. Dabei war die Zuchtlosigkeit der Soldaten ziemlich groß. In roher Kriegsmanier fielen sie über die Bienenkörbe auf den Dörfern her und brachen sie aus und ließen in Steinort einen Teich ab, um ihn auszufischen. Die Kosten für die fremden Mannschaften wurden auf 8.457 Fl. polnisch oder 12.685 Fl. preußisch berechnet.

In einem Brief vom 5. September 1657 schilderte Boguslaw von Lehndorff seinem Bruder Ahasverus den Zustand Steinorts. Das „von bösen Leuten verübte Werk“ müsse man als „eine Strafe von Gott“ erkennen. Durch Berichte des Leutnants Johann Heinrich von Tiesenhausen, erfuhr er im Dezember 1657 Näheres über die Schäden. Oberst Fabian von Lehndorff ist noch am besten weggekommen. Wahrscheinlich haben die Polen gedacht, Labab gehöre Boguslaw Lehndorff. Dem armen Steinort ist’s am übelsten ergangen, nicht von Feinden, sondern von gottlosen Leuten bei Nacht angesteckt, Schuppen und Scheunen, Vieh und Pferde. Alles verbrannt.

Welche Beschädigungen das Gutshaus davongetragen hatte, ist nicht bekannt. In Schlobitten waren selbst die hölzernen Türpfosten und Fensterrahmen herausgerissen und verbrannt worden. Schlimmer als die materiellen Schäden waren die Schicksale der Menschen. In Doliewen waren während der Tatarenangriffe Rosina von Lehndorff, Witwe Albrecht von Lehndorffs, und deren Schwiegertochter Marianna, Ehefrau von Sebastian Dietrich von Lehndorff, in Gefangenschaft geraten. Rosina wurde erschlagen, Marianna nach Konstantinopel verschleppt. Weder die Bitten Lehndorffs noch das Hilfegesuch Mariannas aus Konstantinopel hatten den Kurfürsten von Brandenburg zur Hilfe bewegen können.

Als Lehndorff im Frühjahr 1678 in seine Heimat zurückkehrte, um das Amt des Landrats und Landvogts in Schaaken bei Königsberg zu übernehmen, fand er noch immer große Not. Das Land war von Soldaten überflutet, Seuchen grassierten. Wenn Se. Churfürstl. Durchlaucht nicht immer mit fremden Augen sähe, würde Sie auch mit dieser Provinz Mitleid und Nachsicht haben. Im Herbst 1678 fielen erneut schwedische Truppen in Preußen ein und bedrohten Königsberg. Erst im Winterfeldzug des Großen Kurfürsten gelang es, den Feind endgültig aus dem Herzogtum zu vertreiben.

1679 hatte Ahasver von Lehndorff seinen Abschied eingereicht. Im Folgejahr verstarb seine Ehefrau Friederike Luise Wilhelmine Gräfin von Schwerin. Am Tag seiner Ernennung zum Oberburggrafen im Herzogtum Preußen 1683 schloss er die Ehe mit Maria Eleonora Gräfin von Dönhoff, die ihm 1688 den ersehnten Erben Ernst Ahasver schenkte. Nun war die Zeit gekommen, ein neues Haus zu errichten. Zwei Bauplänezeigen das Haupthaus und zwei im rechten Winkel angeordneten Seitengebäuden, sowie den Grundriss des Erdgeschosses von Schloss und Hofgebäuden.

Als der 1686 in den Grafenstand erhobene Lehndorff zwei Jahre später unerwartet verstarb, musste seine Ehefrau allein den Neubau in Angriff nehmen, denn nach dem Gutachten von Maurern und Zimmerleuten hatte sich der Zustand des Hauses drastisch verschlechtert. Nachdem am 22. März 1689 in Königsberg der Vertrag zwischen ihr und dem Königsberger Maurermeister Baltzer Fröbe geschlossen worden war, begannen im Frühjahr 1689 die Abbrucharbeiten. Die Fundamente des Vorgängerbaus aus Feld- und Bruchsteinen blieben ebenso erhalten wie drei kleine gewölbte Räume im Erdgeschoss. Sie liegen heute an der Ostfront zum Park, einer nördlich, zwei südlich vom Fliesensaal. An der Südostecke führte eine schmale Wendeltreppe nach oben, die vermauert wurde. Unter dem nordwestlichen Teil befinden sich alten gemauerten Kellergewölbe, erweitert um einen neuen Keller. Für den Bau waren 22 Verdingzettel mit Handwerkern abgeschlossen worden, die zu einem Band aus schwarzem Maroquin gebunden gewesen sein sollen.

Mitte April begann der Neubau für das zweigeschossige Haus auf dem alten Mauerkern. Die 3 Gewölbe und Keller verspricht Meister Mäurer wohl zu bewahren, dass die Steine bleiben können, oder im Fall selbige brüchig sollten gefunden werden, ist er erbietig solche abzunehmen und auf das Neue wieder aufzusetzen. Mit der Ableitung des Wassers vom Keller gab es Probleme, die man mit dem Einbau eines Kanals zu lösen versuchte. Der vorverlegte Mittelrisalit erhielt ein neues Fundament. Mittelrisalit und Mittelportal treffen daher nicht auf die Achse des Treppenhauses. Um Kosten zu sparen, wurden alle noch zu verwendenden Baustoffe, Ziegelsteine, Dachziegel, Balken, Bretter, geborgen und durch regionale Handwerker aus Königsberg, Gerdauen, Angerburg, Drengfurt, Rastenburg, aus den Vorwerken Stobben und Taberlack und aus Beynuhnen verbaut. Ziegel und Dachsteine wurden vor Ort gebrannt. Ihren Lohn erhielten die Handwerker überwiegend in Naturalien wie Korn (Roggen), Gerste, Hafer, Erbsen, Ochsen, Käse, Speck, Schmalz, Butter und Salz und zu einem kleinen Teil in Geld. Zweimal wöchentlich bekamen sie ein Gericht Fisch und Bier. Besondere Leistungen wurden zusätzlich honoriert.

1691 war der zweigeschossige, fast quadratische Bau, dessen Fassade in grau und weiß durch die Fenster unterbrochen wurde, fertig. Er hatte ein hohes Walmdach mit mehreren Dachboden-Ebenen erhalten. Der Haupteingang befand sich in der Mitte der Fassade. Das dreieckige Giebelfeld zierte eine plastische Darstellung des Familienwappens. Die doppelte Haustür war ebenso eine Arbeit des Bildhauers Reiwenschuh wie die beiden Putten darüber und an der Treppe. Zwei Sandstein-Kriegerfiguren als Wappenhalter waren nicht standfest, weshalb ein Königsberger Tischler 1719 sie auf ein schweres Brett und 4 kleine Dreifüßchen setzte.

Die Ausstattung war um 1695 abgeschlossen war. Ein Inventar nennt eine Küchenausstattung aus Zinn, Messing und Kupfer, verschiedene Gebrauchsgegenstände aus Blech und Eisen, sowie Mobiliar, das den Eindruck des Zusammengesuchten vermittelt, wie ein holländisches Bett mit grauen, mit blauem Taft gefütterten Vorhängen mit bunten Fransen und ein geschnitztes, vergoldetes Bett neben einer Vielzahl von Stühlen, Tischen, Kästen, Bettwaren und Weißzeug. Die Gräfin hatte nach ihren Vorstellungen Stoffe, Tischdecken und Servietten mit feinen Borten fertigen lassen. Porzellane und die mit dem Monogramm M. L. (Maria Eleonora) und blauer Bemalung versehenen Fayencen gehörten ebenso wie die berühmten Wandteppiche zur ersten Ausstattung von Steinort.

Ab 1691 entstanden die Wirtschaftsgebäude. Im südlichen, 1693 vollendeten Gebäude befand sich das Brauhaus mit einem Mälzhaus und einer Rossmühle. Als letztes Gebäude der Hofanlage wurde der nördliche Flügel mit Durchgangstor und Turm um 1700 fertiggestellt, der das Backhaus, die Waschstube, die Küche sowie Speise- und Räucherkammer, Wohnungen für die Bediensteten und Ställe beherbergte. Haus und Hofanlage wurden durch Pflastergänge verbunden. Zum See wurde der Hof durch eine von Pfeilern gegliederte, weiß verputzte Mauer abgeschlossen. Damit hatte Maria Eleonora das Vermächtnis ihres früh verstorbenen Gemahls erfüllt, wie die Randschrift eines Gemäldes der Bauherrin mit einem Porträt des verstorbenen Grafen: Quos par iunxit amor nun-quam solvuntur amores. Anno 1699 [Unaufhörliche Liebe über das Grab hinaus] zeigt. Später kam eine Mauer vom Keller bis an das Gesindehaus in der Nordostecke des Hofes hinzu.

Das Innere des Hauses war dreiteilig. Den vorderen Mittelteil nahm die für ostpreußische Gutshäuser typische Diele mit dem doppelten Treppenaufgang ein, ausgestattet mit Dielenschränken aus Werkstätten in Königsberg, Elbing und Danzig sowie Jagdtrophäen. Der Boden war ebenso wie der Boden der Küche gefliest, erhielt aber später eine Dielung, wie sie alle Wohnräume mit Ausnahme des Gartensaals hatten. Dieser befand sich hinter der Diele und lag in typisch barocker Anordnung quer zum Garten, der durch eine schmale Tür erreichbar war. Da er mit quadratischen Steinplatten aus hellgrauem und blaugrauem marmorähnlichen Kalkstein ausgelegt war, wurde er häufig auch als Fliesen-, Blauer Saal oder Sommersaal bezeichnet. Hier und im oberen Treppenhaus war die aus Eichenbrettern bestehende Decke durch einen Rastenburger Künstler floral bemalt worden. Im Zimmer der Gräfin gab es Stuckdecken mit Akanthusranken rings um die Deckenbilder. Im Garten vor dem Fliesensaal befand sich eine Sonnenuhr aus Sandstein.

Die seitlichen Bereiche des Gebäudes waren wie Wohnungen angelegt. Nördlich befanden sich die Zimmer der Gräfin. Direkt an die Diele schloss sich als Vorzimmer ein fast quadratischer Raum mit zwei Fenstern an, durch den man in das von der Gräfin genutzte Zimmer mit Verbindung zum Salon gelangte, welches mit Kamin und Kachelofen ausgestattet und damit das ganze Jahr über bewohnbar war. An der Gartenseite lag in diesem Gebäudeabschnitt ein weiterer, kleiner Raum, der vom Zimmer der Gräfin zugänglich war. Er stammte aus dem Vorgängerbau, seine Decke war zum Teil gerade, zum Teil gewölbt. Er diente als Gäste- und Schlafzimmer. 1726 wurden in diesem ‚Cabinet‘ neuer Fußboden verlegt, Paneele und Leisten für Tapeten angebracht, ein Repositorium (Bücherschrank) aufgestellt, ein Gitter um den eisernen Ofen und ein Kaminbrett befestigt.

Die Anlage der Räume im Südteil des Gebäudes war spiegelsymmetrisch. Auch hier gab es ursprünglich Räume mit Kreuzgewölben. Neben der Küche befanden sich auch hier Schlaf- und Gästeräume, von denen einer später zur Bibliothek umfunktioniert und im Gegensatz zur unteren, älteren Bibliothek obere Bibliothek genannt wurde, die deutsche, lateinische, französische und italienische Werke vor allem philosophischen, politischen, historischen, naturwissenschaftlichen, juristischen, theologischen Inhalts enthielt. Die Anordnung der Räume hintereinander war typisch für barocke Gutshäuser. Erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts trennten Korridore Herrschaft, Diener und Gäste voneinander.

Die Anlage der Räume im oberen Stockwerk entsprach ungefähr der Anordnung im Erdgeschoss. Der Hauptraum war das zum Garten gerichtete Gobelinzimmer, nach den siebenteiligen, die biblische Simson-Geschichte darstellenden 4×6 Meter großen Wandbehängen auch Simson-Stube genannt. In der Roten Stube gab es flämische Tuche und einen Gobelin mit dem Familienwappen. Auch die Stube der jungen Herrschaft, war mit Gobelins geschmückt. Die Dönhoffstube lag im nördlichen Teil des Obergeschosses hinter der Ahnengalerie, einem Raum, der bei festlichen Anlässen als Speisesaal genutzt wurde. Weitere Porträts schmückten die Wände der beiden Dielen. Die Bilder stammten überwiegend von regionalen Künstlern, aber auch aus Künstlerwerkstätten in Haag und Amsterdam. Ein Inventar von 1731 nennt 44 Gemälde. Im südlichen Teil des Obergeschosses befand sich das Kaminzimmer, benannt nach einem mit dem Allianzwappen der Familien Eulenburg und Lehndorff verzierten Ofen. Er war in Erinnerung an die Verbindung beider Geschlechter im Jahr 1604 gebaut worden. Auch ein historisches Himmelbett, das als Brautausstattung nach Steinort gekommen war, hatte Botho Albrecht Freiherr von Eulenburg gehört.

Ab 1716 wurde in Steinort wieder gebaut. Die Eheschließung zwischen dem Grafen Ernst Ahasver und Maria Louisa von Wallenrodt stand bevor. Maurer Willem, der den Hof vor der Hochzeit abgeputzt hatte, war mit Bier entlohnt worden, lesen wir auf einer unscheinbaren Notiz. Er hatte bei den Tischlern ausgeholfen, beim Brauhaus und im Hof gearbeitet, bei Dacharbeiten und dem Vermessen der Scheunen und Ställe im Hof und beim Bau des Kruges und zweier Insthäuser geholfen. Auch im Frühjahr 1718 war er erneut in Steinort tätig gewesen und hatte bei der Reparatur des Dachs, dem Ausweißen des Hauses, der Reparatur der Küche und dem Untermauern der Torpfosten geholfen.

Maria Louisa von Lehndorff, die mit dem frühen Tod ihres Ehemanns das Schicksal der Erbauerin teilte, wurde zur zweiten Bauherrin in Steinort. 1740 schloss sie mit dem Zimmermann einen Kontrakt, der Arbeiten an einem neuen Flügel und das Einziehen einer Schwelle im Schloss, Reparaturen an den Glashäusern und der Gartenkammer, am Weinkeller und am Speicher benannte. Handelte es sich dabei um den zweiten Seitenanbau, denn die eigentlichen „Flügel“ wurden erst 40 Jahre später begonnen? Den Zimmerarbeiten folgten 1741 Tischlerarbeiten und Verglasungen. Im Sommer 1743 wurde der Schüttboden über dem Kuhstall fertig, im Folgejahr die Fenster an dem neuen Anbau zwischen Kuhstall und kurzer Scheune vermauert und die Vorderseite zum Hof weiß abgeputzt.  In der durch den Vorsteher der Königlichen Bibliothek in Königsberg, Konsistorialrat Samuel Friedrich Bock, herausgegebenen „Naturgeschichte“ heißt es: Steinort, ein gräfl. von Löhndorfsches Gut, nahe bei Angerburg, zu welchem eine vorzüglich lange Eichenallee führet, hat ein ansehnliches Gebäude, aus dessen obern Stockwerk die Aussicht nach dieser Stadt und See, und den auf diesen befindlichen Werdern, desgleichen nach den Äckern, Feldern, Landhöfen, Kirchen, Vorwerkern u. dgl. führet. Den Lustgarten, welchen ein von gehauenen Steinen eingefasstes Bassin, ein Springbrunnen, ein Schne-ckenberg, erhabene Heckenwände, regelmäßig ausgedehnte Kraut- und Blumenstücke, breite eingefasste Gänge, Lauben und Spaliere, die schönsten Obstgärten und viele sonderbare Gewächse auszeichnen, umgibt ein dickes Gebüsch, durch welches schattige Spaziergänge an das Ufer der Seen führen.

Als Maria Louisas Sohn Ernst Ahasverus Heinrich sich nach dem Abschied aus dem Hofdienst wieder in Steinort aufhielt, kümmerte er sich intensiv um den baulichen Zustand des Schlosses sowie um die Pflege und Gestaltung des Parks. Er ließ das Dach des Wohnhauses ausbessern, neue Gesimse aufsetzen und die Fenster erneuern. An die dreißig Maurer und Zimmerleute waren im Sommer 1779 in Steinort beschäftigt.

Im Herbst 1780 wurde das Fundament für den ersten der beiden Seitenflügel gelegt, die Mansarddächern erhielten. Ursprünglich befanden sich hier unbelichtete Vorratskammern, der Raum auf den Giebelseiten wurde dagegen zu Stuben oder Kammern ausgebaut. Die seitlichen Erweiterungen sind auf einem Grundriss von 1807 erkennbar. Mehr als fünfzig Jahre später, 1867, wird das in die Jahre gekommene Haustürgerüst in dem nun alt genannten ersten Flügel repariert und eine neue Schwelle eingesetzt.

Die äußeren gingen mit inneren Veränderungen einher. So verstand niemand in meinem Hause, Farben zusammenzustellen und ein Zimmer einzurichten. Fortgesetzte mühevolle Versuche meinerseits setzten mich in den Stand, dies zu können, und das hat mir doppelte Freude gemacht, schreibt er im Dezember 1779 in seinem Tagebuch.

Daneben hatte er den zum Mauersee führenden Kanal reinigen und verbreitern lassen, der wohl bereits vor hundert Jahren gegraben, niemals vollendet und verfallen gewesen war. Nach dem Neubau des Brauhaus 1784 begannen Arbeiten an einem neuen Speicher. Auch der baufällige Brunnen wurde neu gemauert und die Wasserqualität des Wassers soll ausgezeichnet und das damit produzierte Bier und der Branntwein hervorragend gewesen sein. Auch die Arbeiten am Seitenflügel gingen weiter: Sobald die Zimmerleute vom Speicherbau werden abkommen können, wird der enterhol und das Balkon fertiggemacht werden, die Wand in der großen Stube im neuen Flügel ist bereits fertig, wissen wir vom Verwalter Rhenius. Einen Entresol hatte Lehndorff in Rheinsberg gesehen, wo Prinz Heinrich 1777 solch ein Zwischengeschoss in einem Flügel seines Palastes hatte einziehen lassen. Noch etliche Monate blieb Steinort Baustelle. Fenster wurden zugemauert und versetzt, Öfen repariert. Auch Remise, Speicher, Schreiberei, Küche etc. wurden zur Baustelle.

Um die Jahrhundertwende begannen die Arbeiten am zweiten Flügel, die durch die Kriegsjahre unterbrochen wurden. Erst nach den Reparaturen an Insthäusern und Wirtschaftsgebäuden konnten die Bauarbeiten im zweiten Flügel des Schlosses, dem heutigen Ostflügel, wieder aufgenommen werden.  Carl Friedrich Ludwig von Lehndorff nahm aus der Ferne regen Anteil. Wie geht es mit dem Bau? Sagen Sie doch dem Landbaumeister, dass, wenn er es besser, zweckmäßiger und hübscher fände, so könne er auch die Fenster im neuen Flügel so einrichten lassen, dass beide Flügel in eins aufgehen, wie er es mir vorgeschlagen. Ich überlasse es ganz ihm. Beim Bau und Arrangement des Stalls haben Sie, lieber Berent, doch ja immer selber das Auge drauf! Im November konnte Berent mitteilen: Der Flügel ist unter Dach, und Türen und Fenster werde ich teils vernageln, teils mit Stroh verstopfen, damit nicht der Schnee so einstürmt. Abgeputzt darf er nicht werden, und ich habe auch keinen Kalk, und man kann 5 Tlr. für eine Tonne geben, so wird man sie von September ab nicht bekommen haben. Für den Winter sollte er Vorkehrungen zum Ausbau treffen. Dahin gehört, dass der Tischler das Holz zu den Fensterläden präpariere, wenn er auch solche nicht ganz anfertigt. Ich wünsche, dass die Fensterköpfe in den für mich bestimmten beiden Stuben so gemacht wer-den, dass der untere Teil im Ganzen aufgemacht werden könne. Landbaumeister Vogt wird Ihnen das Weitere erklären, das Holz zu den beiden Türen vorbereitet und vor allen Dingen, dass alles gut austrockne. Auch die Bretter zu den Dielen müssen, wenn solche vorrätig sind, schon jetzt zur völligen Austrocknung an einen trockenen Ort gebracht werden, etwa auf einen der oberen Räume des Speichers. Denn sonst wirft sich alles, und ich habe nach 4 Monaten wieder einen Fußboden, wo man Hals und Beine darauf bricht, wie in allen Stuben von Steinort, und sollten unglücklicherweise keine solche Bretter vorrätig sein, so würde das Beste sein, welche zu kaufen. […] Die Bretter müssten recht breit von schönem gleichem Tannenholz (nicht Fichte) sein, welches wenige Äste hat. Denn wenn man jetzt erst solche Bretter schneiden wollte, so werden sie in 3 Jahren nicht so trocken sein, wie sie sein müssten.

Mit dem Ergebnis der Bauarbeiten war Lehndorff nicht zufrieden und haderte noch Jahre später damit: Was den neuen Flügel betrifft, so ist Charles damit nicht zufrieden. Da er während seiner Abwesenheit gebaut wurde, hat man den großen Fehler gemacht, ihn niedriger als das andere zu bauen, so dass man, um in diesen zu gelangen, einige Stufen hinaufgehen muss. Die untere Tür ist bereits fertig, aber die obere ist noch nicht durchgebrochen. Charles ist so ärgerlich über diesen Übelstand, dass ich mich nicht traue, mit ihm darüber zu sprechen, aber ich hoffe, dass er sich mit der Zeit darüber wegtröstet, vor allem durch die Verbindung, die er mit dem reizenden Zimmer seiner verstorbenen Mutter gewinnt. Wo er sich selbst untergebracht hat? – In dem gestrichenen Zimmer mit dem Alkoven und dem blauen Schrank. Wo er sich aufhält? – Im Simson-Zimmer, das, wie Sie wissen, schon immer ein Arbeits- und Leseraum war.

Wegen der Wiederherstellung der Wirtschaftsgebäude hatte sich Graf von Lehndorff an den Berliner Architekten Louis Catel gewandt.  Inwieweit Catel tätig wurde, ist nicht bekannt, hingegen Lehndorffs Wünsche zum Baugeschehen: Ist auch das Erkerfenster von dem Hause vom Werder über der Tür ange-bracht? Ist eine neue recht feste und hübsche Tür vor dem Stall gemacht und die Gittertür nach dem Model in Trakehnen? Wenn alles so weit ist, so lassen Sie es nur bis zu meiner Ankunft. Die inneren Einrichtungen sind bald vervollständigt. Ich habe ohnedem noch so manches gesehen, was ich dabei nachahmen möchte. Sorgen Sie nur für trockene Bretter. Der Bau des Stalls war im Januar 1814 vollendet, vier Jahre später wütete ein Orkan über Steinort, der vieles, was erreicht worden war, vernichtete.

Ende September 1825 waren die Maurer mit dem Dach auf dem Gutshaus fertig, so dass sie sich mit dem Abputzen des Hauses beschäftigen konnten. Dabei bekamen die Türen einen hellgrauen Anstrich. Mit der Vollendung der schmucklosen Seitenflügel entfielen die Quaderungen an den Kanten des Mittelbaus und die Farbdifferenzierungen zwischen Ober- und Unterstock.

Vorbote bevorstehender größerer Veränderungen war der 1847 begonnene Ausbau der Ziegelei in Stobben. Ein neuer Ofen wurde gesetzt und Unterkünfte für die in der Ziegelei arbeitenden Tagelöhner geschaffen. Wie hoch der Ausstoß in Stobben war, wissen wir nicht; in der Ziegelei in Stawisken konnten Mitte des 19. Jahrhunderts fünf Brände pro Jahr erfolgen. Pro Brand lieferte sie 20.000 bis 24.000 Stück Ziegel, 10.000 Stück Biberschwänze und 200 Stück Firststeine, dazu kamen Gesimsziegel und künstlerische Ziegelarbeiten.

Pläne für eine Aufstockung des Mittelbaus um ein Viertelgeschoss und für ein neues Küchengebäude gab es schon um 1840. Um 1854 knüpfte Carl Meinhard von Lehndorff, der den Familienbesitz übernommen hatte, Kontakt zu dem Architekten Julius von Roux. Von Roux hatte nach seinem Studium an der Berliner Bauakademie im Büro von Karl Friedrich Schinkel gearbeitet und war Mitglied des Architektenvereins. In den frühen 1850er Jahren war er Baubeamter in Breslau, später auch Stadtrat. Er sollte die von den Besitzern gewünschte neogotische Überformung des barocken Baus architektonisch umsetzen. Neben klassizistischen Formen entsprach der gotische Baustil englischer Herkunft dem Zeitgeschmack mit seiner verklärten Sicht auf das Mittelalter. Dass die Lehndorffs in Anspielung auf ihren Herkunftsmythos dem Haus durch Umbauten den Anschein einer ritterlichen Burg geben wollten, ist vorstellbar. Schloss Babelsberg könnte Vorbild hierfür gewesen sein. Karl Friedrich Schinkel hatte es nach Zeichnungen seines Meisterschülers Ludwig Persius 1831 entworfen. Dem Umbau der Südseite der Schlossanlage Schönberg im Tudorstil 1856/57 nach Plänen des Architekten Eduard Petzold lag möglicherweise ebenfalls der – hier zumindest historisch zu begründende – Wunsch zugrunde, dem Schloss ein Aussehen wie zur Zeit des Ordens zu geben. Allerdings fand die Mode, englische mittelalterliche Schlösser zu imitieren, in Ostpreußen weit weniger Anhänger als beispielsweise in Schlesien.

Die Veränderungen, die in Steinort unter Roux‘ Ägide stattfanden, wurden nicht zu architektonischen Glanzpunkten. Sie begannen mit dem Bau eines neuen Wirtschaftsgebäudes, das auf den Fundamenten des alten Speichers errichtet und im Herbst 1856 fertig wurde. Es beherbergte Räume für Archiv und Bibliothek, diente aber auch als Speicher für Möbel und Bilder. Noch im selben Jahr bekam das Schloss Doppelfenster, die Treibhäuser Öfen. Ob mehrere oder gar alle Eichen-Fenster innen einen weißen Anstrich hatten, wie einige im Flügel 1855, ist unklar. Im selben Jahr waren die Sprossen im Schlafzimmer herausgeschnitten worden. Später wurden die Flügel mit Winterfenstern ausgestattet, die spätestens Ende Oktober/Anfang November gegen Jalousien, Markisen und Blumenbretter getauscht wurden. Der Rücktausch erfolgte jährlich Ende Mai.

1858 begannen die Umbauten, nachdem Maurermeister Laudien am 26. Februar 1858 die Bauzeichnungen über-geben hatte. Danach waren für die geplanten Anbauten 57.888 Ziegel, 33 Tonnen Kalk, für die Erhöhung 22.532 Ziegel und 50 ½ Tonnen Kalk erforderlich. Neben einer Erweiterung des Kellers sollten ein Kappengewölbe, ein Kreuzgewölbe, ein Brüstungs- und ein Bandgesims, russische Röhren sowie ein Ziegelpflaster im Keller, eine Schlachtstube, Spielküche, Speise- und Milchkammer gebaut werden. Auf die Flügel sollten 1.200 Kubikfuß Attika aufgemauert werden und sie sollten vier Schornsteine sowie ein Haupt- und ein Gibelgesims bekommen. Die Fenster der zweiten Etage der Flügel sollten der Vorderfront der zweiten Etage des Hauptgebäudes angepasst werden. Über die Räume, die damit neu entstanden, erfahren wir leider nichts.

1860 wurde der Mittelgiebel des Kernbaus an der Auffahrtseite durch neogotische Fialen ersetzt und mit der notwendigen Erneuerung des Verputzes wahrscheinlich auch die Rustika angelegt.  Auch die Mansardfenster gehören in diese Umbauphase. Auf der Gartenseite blieb das steile Walmdach erhalten. Mit den Umbauten gab es nun auch eine Regenrinne, die mit Drahtgittern abgedeckt und deren Wasser aufgefangen wurde. 1866 wur-den fünf Rollos mit Wappen angebracht. Die gartenseitigen Pavillon-Anbauten an der Nordost- und der Südostecke des Altbaus müssen also zwischen 1856 und 1862 errichtet worden sein. Im Juli 1860 erhielten 15 neue Fenster Marquisen. Nun gab es auch Klingelzüge von den herrschaftlichen zu den Räumen der Dienerschaft im Dach. 1860 wird ein Badehaus, 1866 die Reparatur eines „Water-Closet“ erwähnt. Im Dezember 1864 bekam die neue Küche ihre Einrichtung, der Name „Küchenturm“ etablierte sich erst viel später. 1880/81 wurden Fensterrahmen aus der Schlaf-, Blumen- und Chinesischen Stube, der Simsonstube, der Stube der Komtesse Anna und der gelben Stube so verändert, dass aus jedem zwei einzelne Flügel gemacht wurden. Nach Aufzeichnungen des Tischlers gab es 1881 in der Vorderfront unten 12 Fenster mit Sol-bänken, in der oberen Etage 44 Fenster mit Solbänken und Zinkbekleidung. Im selben Jahr wurden aus Eichenplanken Türgerüste am Gewölbe am Küchengiebel gebaut. Nun mussten auch, um den großen Decken-balken zu stützen, vier neogotische Holzpfeiler im Treppenhaus eingesetzt werden und einige Räume erhielten gotisierende Zutaten.

Ab Mai 1854 bis in die 1880er Jahre hatte Gräfin von Lehndorff eine Vielzahl von Reparaturen in Auftrag gegeben. Die Abrechnungen des Tischlers geben einen Überblick über Reparaturen, Räume, Einrichtung und Alltagsgegenstände. So lesen wir von vergoldeten Konsolen und goldenen Spiegelrahmen, vergoldeten Gardinenstangen und polierten Gardinenhaltern, Schmuckkästchen mit Elfenbein und chinesischen Perlmuttarbeiten, Alabasterbesteck, neu gemalten Wappen an einem Kleiderspind, Möbeln aus Nussbaum, Mahagoni, Palisander, Linde, Esche und Birke. Die große Treppe im Schloss war gefirnisst, die Türen repariert und neue Schwellen unter die Treppen gelegt worden, der Fliesensaal eine Sommer- und eine Wintertür erhalten. Zahlreiche Ölgemälde, darunter das große Familienbild von Tischbein, waren gewaschen, geölt und lackiert worden oder hatten neue Rahmen bekommen. Auch die Gobelins in der Simsonstube hatten unter Anna von Lehndorffs Ägide neue Rahmen und Nägel erhalten. Das Billardzimmer war bereits vorhanden und es gab Münzschränkchen. 1874 wurde neben Glasfenstern auf den Treppenabsätzen eine Glaswand auf der Treppe eingesetzt und in den Folgejahren mehrfach repariert. Überhaupt versuchte man alles zu reparieren, an anderen Stellen zu nutzen oder auch umzufunktionieren. So wurden aus einem alten Repositorium und aus Toilettentischen Spinde. „2 Bettstellen von Wanzen gereinigt, mit Giftmischung gestrichen“, notierte der Tischlermeister, der auch als Hausmeister tätig war. Die Fugen und Risse im Entresol mussten laufend mit Wanzengift behandelt, die Bettstellen mit Insektenpulver bestreut und die Wandteppiche und Tapeten mit Mottengift behandelt werden. Erst 1876 gab es in der herrschaftlichen Schlafstube Federmatratzen. Teppiche und silberne Leuchter wurden nach Bedarf ausgepackt und aufgestellt.

1882 wurde die Gartenmauer repariert, der Weg zum Dreschmaschinen-Rosswerk und zum Teich hatte eine Pflasterung bekommen, wofür man 6 ½ Tonnen Kalk, 2 Tonnen Zement, 10 Dachpfannen,100 Ziegel und 10 Biberschwänze verbraucht hatte.

Nach den Umbauten im Kernbau, in beiden Seitenflügeln und den turmartigen Anbauten muss es mehr als 80 repräsentative Räume und kleinere Kammern gegeben haben. Dazu kamen Flure, Treppen, Bodenkammern, Küchenräume, Kellergewölbe. Kulturgeschichtlich interessante Objekte sind eine Tee- und eine silberne Kaffeemaschine, eine mechanische Kaffeemühle, eine Kartenpresse mit Scheibenspindel und eine Musikmaschine, eine Fleischhack- und eine Zuckermaschine, eine mechanische Wringmaschine, eine Messerputzmaschine, ein zusammenlegbares Wäsche-Trockengestell und ein zusammenlegbarer Stuhl, die Schlangen- und eine Kuckucksuhr, eine Uhr im Siegeswagen sowie eine Zinkbadewanne.

1918 fand Steinort seine kunstgeschichtliche Würdigung, indem der ostpreußische Provinzialkonservator Richard Dethlefsen das Schloss in seine Darstellung „Stadt- und Landhäuser in Ostpreußen“ aufnahm und ihm eine eigene Tafel mit Grund- und Aufrissen sowie Detailzeichnungen von Kaminen widmete. Dethlefsen schrieb: Der große Putzbau, der auf jeden äußeren Schmuck verzichtet, macht doch in seiner ruhigen, wohlabgewogenen Gliederung unter den grünen Eichen des Parkes einen ganz vortrefflichen Eindruck. An einen Mittelbau, der sich kräftig aus der übrigen Baumasse heraushebt, sind an der Vorderfront jederseits Flügel angefügt, die in betonten Eckbauten endigen, während an die Gartenfront des Hauptgebäudes solche Eckbauten unmittelbar angeschlossen sind. Das Haus ist zweigeschossig, wie fast alle großen Herrenhäuser des Landes. Das Beachtenswerte an dem Gebäude ist, wie mit den allereinfachsten Mitteln, neben dem ganz leisen Vorspringen der Mittel- und Eckbauten eigentlich nur durch die geschickte Führung der Dächer, die geschlossene, eindrucksvolle Wirkung des Ganzen erreicht ist. Wie immer, so liegt auch hier der Eingang in der Mitte der Hauptfront und führt in eine geräumige Diele. In Steinort ist in ihr eine zweiläufige, breite Haupttreppe angeordnet, eine in den großen Landhäusern gern und mit Geschick verwendete prunkvolle Lösung. Um die Vordiele herum im Hauptbau liegen die Gesellschaftsräume, die Flügel enthalten die Schlaf-, Gast- und Wirtschaftsräume.

Das aus drei parallelen Alleen und vier quer verlaufenden Alleen bestehende Wegesystem des 18 Hektar großen, nördlich des Schlosses gelegenen Parks soll bereits durch Meinhard von Lehndorff im 17. Jahrhundert begonnen und die Arbeiten durch seinen Sohn fortgesetzt worden sein. Wären die Eichenalleen bereits mit dem Schloss angelegt worden, wären sie im 18. Jahrhundert über hundert Jahre alt gewesen.

Wie ein „Gartenplan für ein strenges Barockparterre“ zeigt, verband in Steinort das auf das Schloss ausgerichtete Alleensystem das Schloss mit den Ufern des Mauersees. Hinter dem Schloss lagen Blumenparterres. Später gab es hier Lorbeer- und Granatapfelbäume, Myrten, Pomeranzen- und Feigenbäume, Spanischen Ginster, Palmlilien, Oleander, Zypressen, Malven und verschiedene Rosenarten. In den Nutzgärten wuchsen Äpfel, Kirschen und Birnen, Pflaumen, Melonen, weißer und brauner Kohl und sogar Teltower Rübchen. Wahrscheinlich war auch dieser reiche Pflanzenbestand von den Auswirkungen des eisigen Winters 1708/09 betroffen, wie es für den die Gärten Königsbergs überliefert ist.

1724 war Albrecht Wilefka mit der Gartengestaltung betraut. Die nächsten Gärtner waren um 1736/37 Wilhelm Gellesch und Jan Wilewski.  Sie wohnten in einem eigenen Gärtnerhaus. Nachdem der König 1746 die Anlage von Hopfengärten angeordnet hatte, damit für fremden Hopfen kein Geld außer Landes gehe, wurden auch in Steinort Hopfengärten angelegt. Vier Jahre später wurden die Lehndorffs zur Vermehrung des Hopfenanbaus und zur kontinuierlichen Einsendung von Angaben über dessen Umfang auf den Gütern aufgefordert.  Später wurden zudem Klee und Flachs am Brauhaus gepflanzt.  Die „Ermahnung der Eigentümer und Pächter, pflichtgemäß Maulbeerpflanzen und Maulbeerbäume zu ziehen“, die am 15. Januar 1757 in Steinort einging, hat hier sicher Kopfschütteln verursacht, und auch die Ermahnung zu größerem Fleiß bei der Pflege der Maulbeerbaumkulturen durch die Kammer zu Gumbinnen konnte daran nichts ändern.

Nach seinem Abschied vom Hofleben fand der Kammerherr Ernst Ahasverus Heinrich von Lehndorff dir richtige Muße zur Gartengestaltung. Im September 1779 notierte er in seinem Tagebuch: Mein Garten ist in diesem Sommer sehr schön geworden, die Ausblicke sind prächtig, die Gehölze höher. Nun habe ich ihn noch dermaßen erweitert, dass er, wie ich glaube, der größte in Preußen ist. Zahlreiche Vorbilder hatte er auf seinen Reisen gesehen, aber auch in Königsberger gab es schöne Gartenanlagen wie den Saturgus’schen Garten mit Alleen, Wasserkunst, Irrgarten, Muschelgrotte, Menagerie und Sandsteinfiguren, den sogar der russische Großfürst Paul 1776 bei seinem Besuch in Königsberg besucht hatte.

Mit seinem Freund, dem Erzbischof Krasicki, tauschte er sich über neuen englischen Gartenstil aus. Dieser hatte in seinen „Briefe[n] über die Gärten“ die missverstandene Pracht von Barockgärten kritisiert: Was immer in der Geschichte, Mythologie, Architektur, Malerei und Heraldik nur zu finden war, all das mussten die ihrer natürlichen Zierde beraubte Bäume ertragen, und nur der war der beste Gartenkünstler, welcher sie am trefflichste schneiden, biegen, verkleinern, ausdehnen, zuschnitzen, ausbreiten und spannen konnte. Viel ästhetischer empfand er dagegen die englische Gartenkunst: Den Engelländern gebührt Lob, da sie alles Übertriebene in der Gartenkunst verwarfen: in Europa haben sie – als erste – die Natur von der Künstlichkeit befreit, ihre Gärten sind eine Vervollkommnung dessen, was eine anmutige Lage bietet.  Was in Oliva gelungen war, war anderenorts durch untalentierte Besitzer misslungen, indem Barockgärten zerstört worden waren.

Nachdem Lehndorff 1782 auf Einladung der Prinzessin von Württemberg einige Zeit in Montbéliard im Chateâu d’Étupes verbracht hatte, war er so begeistert, dass er später an die Prinzessin schrieb, er wolle seinen Garten nun zu einem Abbild ihres Gartens machen. Jedoch war sein Hofgärtner Martin Assmann bereits hoch betagt und konnte diese Arbeit nicht mehr leisten. Einen Nachfolger zu bekommen, sollte sich als schwierig erweisen, obwohl Lehndorff bereit war, 60 Tlr. Lohn, Deputat, ein gemästetes Schwein und Futter für die Kühe zu zahlen. Die Kandidaten wollten entweder nicht nach Ostpreußen, oder sie hatten ihr Handwerk nur in Königsberg gelernt und waren für Lehndorffs Vorstellungen nicht brauchbar. Am 5. Mai 1783 erhielt Assmanns Sohn Friedrich Leopold, der in die Fußstapfen des Vaters getreten war, seinen Gesellenbrief, eine Pergamenturkunde mit einem anhängenden Siegel in einer Elfenbeinkapsel, wie es seit 1740 üblich war.  Graf von Schlieben hatte ihn bei seinem Schlossgärtner in Gerdauen zwei Jahre lang ausgebildet. Dem jungen Voss, den man auch ausgebildet hatte, fehlte dagegen das Talent zum Gärtnern.  Ein weiter Gärtnerlehrling, Martin Seska, wurde 1786 nach Dönhoffstädt in die Lehre gegeben.

1810 stand Lehndorffs Sohn Carl Friedrich Ludwig vor der Aufgabe, einen neuen Kunstgärtner für Steinort zu suchen, der englische Gartenkunst ebenso wie moderne Landschaftsgärtnerei gleichermaßen umzusetzen konnte. Neben dem ihm empfohlene Gärtner Lange, der in Dresden gelernt und 16 Jahre bei einem Herrn von Heck in Machnow in Diensten gestanden hatte, stand der Dessauer Oberhofgärtner Schade im Gespräch. Lehndorff wollte jedoch Friedrich Geitzner, Gärtner aus dem Botanischen Garten Hortus Medicus in Amsterdam, der sich gerade in Preußen aufhielt, für Steinort begeistern. Er befürchtete jedoch, dass 60 Rtlr. bei freier Kost und Logis ihm nicht genügen würden. Zu dessen Aufgaben sollte die Pflege des Gartens und der Obstbäume, die Versorgung mit Obst und Gemüse und die Ausstattung der Zimmer mit Blumen gehören.  Lehndorff wollte ein Treib- und ein Blumenhaus bauen und interessierte sich für eine Orangerie. Auch die Betreuung der Pfauenzucht, deren erste Exemplare 1812 in Lyon erworben worden waren, sollte ihm anvertraut werden.

Mit einer engen Verbindung zwischen Lust- und Nutzgarten, wie sie ein Gartenplan aus dem Jahr 1807 zeigt,  entsprach der Garten von Steinort den Vorstellungen des Agrarwissenschaftler Karl Friedrich von Benekendorff, der bloße Lustgärten ablehnte. Dieses wird nicht auf die Art verstanden, dass in einem herrschaftlichen Garten nichts als Bäume, Kohl und Rüben befindlich sein müssen und darin gar keine Ordnung beobachtet werden dürfe. Der Unterschied der Stände und daraus entspringende Wohlstand lässt es gar wohl zu, dass ein adlicher Gutsbesitzer seine Gärten dergestalt einrichte, dass darin das Angenehme und Nutzbare, welches bei einer gut gewählten Ordnung sehr füglich geschehen kann, miteinander verbunden sei. Nur muss das Angenehme nicht das Nutzbare verdrängen, sondern dieses jederzeit die Oberhand behalten und der Hauptendzweck des angelegten Gartens sein.  Ob der Garten in Steinort, wie er empfahl, öffentlich zugänglich war, ist nicht bekannt. Doch waren die ostpreußischen Gärten und Parkanlagen üblicherweise nicht durch Mauern eingefasst, sondern öffneten sich zur umgebenden Landschaft. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts muss es jedoch einen Gartenwächter gegeben haben.

Nach den Freiheitskriegen verfügte Steinort über eine Gärtnerei und eine Baumschule, die den Bestand zum Aufforsten der Wälder lieferte. Bäume, die die Kriegsjahre nicht überstanden hatten, wurden durch Kastanien, Platanen und Eschen ersetzt, für die Plantagen angelegt wurden. Sämereien kamen von dem Berliner „Handelsgärtner Herrn Ohm in der Köpenicker Straße“. Der Garten wurde in zwölf Areale bzw. Pflanzenquartiere eingeteilt, die sich hinter der Schmiede und der alten Küche, auf der Terrasse vor dem Schloss, an der alten Brauerei und am Keller befanden.  Es gab einen Kinder- und einen Blumengarten. Der Gemüsegarten befand sich rechts vom Weg nach Alt Steinort. Von den Gewächshäusern, in denen südländische Gewächse überwintern konnten, fehlt heut jede Spur. Sie werden sich wohl südlich des Schlosses, neben dem Wirtschaftshof, befunden haben.

1816 wurden auf dem Werder Upalten 44 Apfel- und Kirschbäume gepflanzt und 1.000 Pappelreiser gesteckt. Für das Pfropfen und Okulieren hatte man sich Hilfe beim Friedrichsteiner Gärtner geholt, der Erfahrungen hatte. Am Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Bäume auf der 300 Morgen großen Insel eine beträchtliche Höhe erreicht und bildeten mit den im 18. Jahrhundert gepflanzten Eichen, Linden, Ulmen, Weißbuchen, Schwarzerlen und Weiden einen ansehnlichen Park.

Noch 1820 lieferte der Nutzgarten nur wenig Ertrag über den eigenen Bedarf hinaus. Die Ernte von Gemüse und der Ertrag an Sämereien und Blumen deckte den Bedarf, allein die Erträge aus Kernobst, an Äpfeln, Pflaumen, Birnen, waren höher. Das war nicht das Ergebnis, dass sich Lehndorff vorgestellt hatte, weshalb er sich an den preußischen Gartenkünstler Peter Joseph Lenné wandte. Unter seinen Obstbäumen gäbe es edle Sorten, doch sei ihr Ertrag gering. Auch benötige er einen intelligenten Gärtner, der vor Ort nicht zu finden sei, und er hoffe, dass Lenné jemand empfehlen könne, der sich zutraue, diese Aufgabe anzunehmen. Ob Lenné helfen konnte und ob ein Entwurf im englischen Gartenstil um 1820 ihm zuzuordnen ist, ist unklar. Nach Ansicht der Lenné-Forscher Harri Günther und Sibylle Harksen ist nicht sicher, ob wir alle Gärten, an denen er mitgewirkt hat, kennen.

1824 trafen in Steinort Pfirsich-, Aprikosen-, Birn- und Apfelbaumstämme ein. Im Herbst 1829 und Frühjahr 1830 folgten Obststämme aus verschiedenen Baumschulen. Im Juni 1885 ließ man sich auch aus der Späthschen Baumschule in Berlin beliefern.

Trotz der Schwierigkeit, in Ostpreußen einen tatkräftigen Gärtner zu finden, ließ Lehndorff Fehlverhalten nicht durchgehen. 1831 kündigte er dem Gärtner Penko, der erst ein Jahr in seinen Diensten gestanden, nun aber eine Hauswirtin und eine Hausmagd beleidigt und tätlich angegriffen hatte..  Bei der Übernahme des Lustgartens und der Arbeitsmaterialien, wozu auch Bücher gehörten, stellte sich heraus, dass Penko nicht nur moralisches Fehlverhalten an den Tag gelegt, sondern auch das ihm Anvertraute vernachlässigt hatte. Um die 26 Bienenstöcke hatte er sich so schlecht gekümmert, dass 16 Bienenvölker das Weite gesucht hatten. Am 1. März 1832 übernahm der Königsberger Kunstgärtner Gottlieb Jost dessen Aufgaben.

Der Angerburger Probst Jacob Ludwig Pisanski zählte den Garten in Steinort zu den schönsten Gärten, die man in Europa zu dieser Zeit sehen konnte. Dazu hatten sich seit der Jahrhundertwende verschiedene solitäre Bauwerke an den Enden der Alleen, ein Teehäuschen und eine kleine Kapelle, später auch das im Schweizer Stil erbaute Jagdhaus, gesellt.

Schon 1693 hatte es ein hölzernes Gartenhäuschen gegeben. Knapp 50 Jahre später war es baufällig, so dass 1739 der Angerburger Tischlermeister Martin Koch den Bau eines neuen Lusthaus begonnen hatte, wie es ihm vom Schlossgärtner angewiesen worden war. Entstanden war ein hölzerner achteckiger Pavillon mit einem Dach in Balkenlage, versehen mit einer Spitze, mit je zwei Säulen an den vier Feldern des Achtecks. Koch hatte für seine Arbeit 108 Tlr. und diverse Naturalien erhalten.

Der Entwurf für den heute noch vorhandenen, wenn auch stark beschädigten festen Gartenpavillon am östlichen Ende der Eichenallee stammt von Carl Gotthard Langhans. Der Kammerherr Ernst Ahasverus Heinrich von Lehndorff hatte den königlichen Oberbaurat auf einer Reise in der ersten Hälfte des Jahres 1777 in Breslau kennengelernt. Im Juli 1799 war er dem zum Geheimen Oberbaurat aufgestiegenen Architekten auf einer Gesellschaft erneut begegnet.

Lehndorff hatte bereits eigene Vorstellungen zu Papier gebracht, bevor er sich an Langhans wandte.  Dieser zeichnete um 1810 vier Aquarelle, fertigte einen Aufriss und Grundriss für das Gartengebäude mit vier Säulen und einem ovalen Saal und legte in einer Denkschrift seine Ideen dar.  Wohl etwas früher, um 1800, hatte Langhans bereits ein ähnliches Parkhäuschen für Schlobitten entworfen. Den Mittelraum trugen hier vier Säulen, die erst später geschlossen wurden. Auch in Schlodien gab es solch ein Gartenhäuschen, dessen Fenster versenkbar waren und dessen Türen sich nach außen öffnen ließen. Das nicht weit von Steinort entfernte Dönhoffstädt hatte hingegen nicht nur einen Pavillon, sondern auch einen nach drei Seiten offenen Tempel auf einer Insel.

Der heute „Teehäuschen“ genannte Pavillon in Steinort sollte als Rückzugsort und als Raum für kleine Gesell-schaften dienen.  Im Juli 1810 schickte Lehndorffs Sohn Carl Friedrich Ludwig die Entwürfe an den in Alt Madlitz lebenden Architekten Hans Christan Genelli mit dem Auftrag, einen Riss zu fertigen. Genelli veränderte die Entwürfe, da Lehndorff ihm eine kleine Freiheit in den Dimensionen zugestanden, ja sogar gewünscht [hatte], dass das mittlere Zimmer um ein paar Fuß in seinen Dimensionen vergrößert würde […]. Ich fürchte nicht, dass dies mir zum Vorwurf gemacht werde, da auf den schlimmsten Fall, dass die Grenze, wie weit die Fronte in den offenen Platz vorspringen darf, unabänderlich festgesetzt wäre, von dem durch das Gebäude zu verdeckenden Gebüsch leicht ohne Schaden die fehlende Tiefe, die höchstens 10 F. betrüge, niedergehauen werden kann, indem, wenn anders dieses Gebüsch eine gartenmäch-tige Formierung hat, der Schlag nicht nur Unterholz betreffen würde. Nachdem Genelli seinen Entwurf detailliert beschrieben hatte, schließt er: Da der Bauherr schon gegründete Zweifel an der guten Ausführung runder Wände hegt, so muss es ihm mit Säulen noch misslicher dünken; und sie sind zu kostbar, um schlechte dulden zu dürfen, wo sie nicht unumgänglich notwendig sind. Die aber von den zwei Säulen, wie sie im Brouillon angegeben sind, muss ich der Familie Langhans überlassen: Es ist ihnen in aller Form rechtens ein erbliches Eigentum geworden. […] Sollte dieser Entwurf keinen Beifall finden, was nicht zu verwundern wäre, da er aus dem gewöhnlichen Schlendrian herausfällt, so erbittet sich Unterschriebener die Risse zurück. In einem Nachtrag ergänzte er zur Ausgestaltung des Pavillons: Wenn aber hierzu nicht wenigstens ein Maler Hummel angenommen wird, so möchte solches zugleich unerträglich schlecht und unverantwortlich kostbar ausfallen, und zwar umso mehr, je beträchtlicher diese Dekoration sein würde. Denn das gebe nicht weniger als in der Decke neun und auf den Wänden sechs Gemälde. In der Voraussetzung also, dass zur inneren Dekoration nur ein gewöhnlicher Tüncher oder Stubenmaler anzuwerben sein werde, muss alle bedeutende Verzierung unterbleiben, und lediglich auf die Färbung gesehen werden.“ Genelli dachte hier an den deutschen Maler, Zeichner und Kupferstecher Ludwig Hummel, der 1799 mit Tischbein nach Kassel gekommen und überwiegend für den dortigen Hof und als Porträtmaler tätig war.

Lehndorff gab die Entwürfe vor dem Herbst 1812 an den Angerburger Baumeister Voigt, der ihm wiederum seine Ideen zum Bau eines Gartenhauses zusammen mit zwei Zeichnungen übersandte. Er sei von dem Gesichtspunkt ausgegangen, der vorderen Seite eine solche Einrichtung zu geben, die von unseren schlechten Handwerkern ausgeführt werden kann; aus dieser Ursache ist das Ganze ziemlich einfach ausgefallen. Wenn indes ein zierliches Gartenhäuschen nicht mit den alten Eichen harmoniert haben würde, so glaube ich in dieser Hinsicht mit der Einfachheit entschuldigt zu sein. Der Grundriss enthält ein Vestibül, welcher an den Seiten mit Bänken versehen werden kann, um auch unter Dach die frische Luft zu genießen. Auf den Holmen des eisernen oder hölzernen Geländers können Blumentöpfe gestellt werden, wodurch der Aufenthalt im Vestibül angenehm gemacht wird. Die Pflasterung desselben kann mit grauen und roten Quadern abwechselnd geschehen. Der Saal ist 20 Fuß im Quadrat groß und geht durch die ganze Höhe des Gebäudes. In der einen Ecke desselben ist der Kamin angebracht, in denen anderen Ecken stehen 2 kleine Kabinette, von welchen das eine zur Aufbewahrung von Büchern p. und das andere zum Treppenaufgang nach dem Zimmer über dem Vestibül benutzt werden kann.“ Möglicherweise begann die Ausführung noch im selben Jahr; in einem Promemoria zu den Bauten für das Jahr 1812 heißt es: Wenn möglich der Pavillon im Garten.

Der am östlichen Ende der Eichenallee erbaute klassizistische Pavillon mit seinem Mosaik-Parkett erhielt durch Marion Gräfin von Dönhoff nicht nur ein literarisches Denkmal sondern wurde hierdurch zum „Teehäuschen“. Der kleine Empire-Gartenpavillon, um 1800 gebaut, schien gerade eben erst einer Gesellschaft von Krinolinen und grauen Zylindern als Teehäuschen gedient zu haben.  Noch hundert Jahre später traf man sich in dem griechischen Tempel an der Eichenallee des Parks […] unter den Säulen des Pavillons in gemütlicher Runde. Wohl 1839 hatte er eine Dacheindeckung aus Zink erhalten, und seit den 1860er Jahren konnte er mit zahlreichen Lampions illuminiert werden. Als Sitzgelegenheiten dienten Rohrstühle. Der Parkettboden war gegen Feuchtigkeit mit einer Firnisschicht versehen worden. Die Wintertüren ließen sich mit Keilen an schönen Tagen feststellen. 

Welche Gartenarchitekturen in Steinort ausgeführt wurden und welche Planungen blieben, ist heute schwer zu sagen. Neben Entwürfen für eine Kapelle in Pyramidenform  oder mit Portikussäulen gab es ein weiteres Projekt aus dem Jahr 1832. Dabei kann es sich um die kleine, heute stark zerstörte neugotische Kapelle gehandelt haben, die sich am westlichen Ende der Eichenallee, also entgegengesetzt zum Pavillon, befindet und wohl um 1830 errichtet wurde. Es ist der in einem Verzeichnis von Reparaturen in den Jahren 1859, 1864 und 1867 erwähnte Paulinentempel.

1833 war Carl Friedrich Ludwig aus dem Militärdienst ausgeschieden, zehn Jahre zuvor war der damals fast Dreiundfünfzigjährige mit der sehr jungen Gräfin Pauline von Schlippenbach die Ehe eingegangen. Im Sommer 1834 hatte Lehndorff einen Steinarbeiter, der bereits in Goldap und Lyck gearbeitet hatte, mit sechs Gehilfen nach Steinort kommen lassen.

Möglicherweise diente die kleine Kapelle als Andachtsort der Familie, aufgrund der äußerlichen Verzierungen ist auch ein Zusammenhang mit Lehndorffs Zugehörigkeit zur Königsberger Freimaurerloge „Zu den drei Kronen“ denkbar. Wie in Steinort war auch in Grünhoff, Besitz der Familie von Bülow-Dennewitz, solch eine Kapelle als roter Ziegelbau errichtet worden. In der Kapelle gab es Fenster mit Bleiverglasung. Im Oktober 1834 klagte der Angerburger Schlossermeister Ewanowsky über eine Kürzung seiner Rechnung und dass er sich sogar die Superrevision des Landbaumeister aus Barten habe gefallen lassen müssen. 

Bei dem großen Stadtbrand im Königsberger Stadtteil Löbenicht am 11. und 12. November 1764, der auch auf den Sackheim übergegriffen hatte, war das 1681 von Ahasverus von Lehndorff als Erbbegräbnis erworbene Gewölbe bei der Löbenichter Kirche zerstört worden. Es war allerdings bereits seit langem baufällig gewesen. Bereits 1707 hatte Maria Eleonora von Lehndorff dem Sohn Ernst Ahasver über einen Einsturz berichtet, und als 1711 das Kirchengewölbe neu ausgeführt wurde, hatte man Fahne, Kürass und Degen des Grafen von Lehndorff aus der Kirche entfernt und den Zugang zum Gewölbe versperrt. Gräfin von Lehndorff hatte deshalb an die Regierung suppliziert, damit das Gewölbe in den früheren Stand versetzt werde. 

Mit den Neubauplänen für einen Anbau an der Sackheimschen Kirche konnte sich Maria Louisa von Lehndorff nicht einverstanden finden.  Auch der 1814 vom Königsberger Landbaumeister gemachte Vorschlag der Instandsetzung ist wohl nie ausgeführt worden.  Als Maria Louisa von Lehndorff 1775 starb, wurde ihre Leiche auf dem Sackheimschen Kirchhof beigesetzt. Der 1811 verstorbene Ernst Ahasve-rus Heinrich Graf von Lehndorff fand dagegen in einem auf der Feldmark des Gutes Landkeim erbauten Grabmal seine letzte Ruhe. Als Lehndorffs Frau Amalie 1830 verstarb, wurde sie von Königsberg nach Friedrichstein überführt und im Erbbegräbnis der Dönhoffs beigesetzt.

In seinem am 31. Mai 1852 errichteten Testament hatte Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff verfügt, dass innerhalb von drei Jahren nach seinem Tod in Steinort ein Familien-Erbbegräbnis erbaut und seine irdische Hülle darin beigesetzt werden solle. Der bereits häufig für die Lehndorffs tätig gewesene Baumeister Laudien aus Barten hatte bereits verschiedene Entwürfe im neugotischen Stil als roten oder gelben Ziegelbau gezeichnet, auch bereits einen Überschlag über Kosten und Materialien erstellt. Möglicherweise begegnet uns die Grabkapelle in einem auf 1854 datierten Brief. Für das Fundament wollte man auf gesprengte Steine zurückgreifen, die nachbearbeitet werden sollten, damit das Mauerwerk gefugt werden könne. Das Gesims sollte aus Ziegel gefertigt werden. Statt Fenstern im Souterrain sollten geschmiedete Gitter eingesetzt werden, damit kleine Tiere wie Kröten, Frösche, Iltis, Marder ebenso wie Diebe keinen Zugang erhalten, frische Luft aber jederzeit in das Bauwerk komme. Wegen eines Entwurfs hatte sich Lehndorff aber auch an Landbaumeister Eduard Uhrich gewandt. Dessen Entwurf war dann über Jahre verschwunden. 1854 tauchte die Bleistiftzeichnung wieder auf und er erinnerte er sich, dass Lehndorff ihn beauftragt hatte, ein Grabmal zu entwerfen.

Nun erhielt Baumeister Laudien erhielt von Carl Meinhard von Lehndorff die Zeichnung zur Prüfung. Noch war nicht entschieden, ob das Mausoleum als Rohbau oder als Putzbau ausgeführt werden sollte. Nach dem Willen des Grafen sollte das Gebäude jedoch so konstruiert werden, dass es ewig stehen würde. Insgesamt scheint Lehndorff mit dem Projekt unzufrieden gewesen zu sein, denn spätestens im Frühjahr nahm er mit Friedrich August Stüler Kontakt auf und übersandte Zeichnungen, Anschlag und Laudiens Materialberechnungen, die Stüler mit Rotstift unter Verweis auf unrichtige Dimensionen nach unten korrigierte. Zahlreiche Einwände hatte er gegen das Projekt selbst, dessen Entwässerung er für nicht gewährleistet hielt. Die Belastung der Kuppel mit einem Turm hielt er für gewagt und auch an den Pfeilern und den Turmspitzen der Ecktürme fand er bautechnisch etwas auszusetzen. Lehndorffs Unzufriedenheit mit dem Projekt hatte sich damit verstärkt. Als Stüler am 20. April 1855 schrieb, er könne nicht zuraten, das Grabmonument auszuführen wie es projektiert sei, wenn er den Anspruch auf Dauerhaftigkeit habe und aufgrund des ostpreußischen Klimas keine jährlichen Repa-raturen ausführen wolle, nahm Lehndorff dessen Angebot an, das Projekt zu überarbeiten. Stüler bat um noch-malige Übersendung der Zeichnungen sowie um einen Hinweis, wo die Grabkapelle ihren Platz finden würde. Schließlich versprach er, sogleich an die Arbeit zu gehen. Schon am 8. Mai traf ein Brief ein. Er hoffe, noch in der Woche fertig zu werden, schrieb Stüler; er habe im Grundriss nur geringe Änderungen gemacht, doch wäre zu wünschen, dass Vorarbeiten zum Bau unterbleiben, bis die Zeichnungen fertig seien, zumal ihm zu Ohren gekommen sei, dass Laudien von seinem Grundriss in den Dimensionen abzugehen beabsichtige, was mit der ihm vorliegenden Zeichnung nicht übereinstimmen würde, und aller Voraussicht nach würde davon auch nichts zu verwenden sein, denn er habe an dem Äußeren des Gebäudes große Veränderungen vorgenommen.  Am 20. Mai 1855 hatte Stüler den Anschlag fertig, doch konnte er die Arbeit an den Zeichnungen nicht beenden und übertrug sie dem Architekten H. Lauenburg. Dieser übersandte nun den neuen Entwurf im Auftrag Stülers mit der Bitte um Prüfung. Im Äußeren sollte der Bau als Rohbau, im Inneren mit Kalkmörtel geputzt, ausgeführt werden. Zur Herstellung der Pfeilerspitzen aus Schamotte, der bei Kirchenbauten zunehmend aufgrund seiner Härte und Dauerhaftigkeit Anwendung fand, würde Stüler sich ebenso wie zum Deckmaterial, voraussichtlich Schiefer, persönlich äußern. Die Wölbung der Kapelle werde auf die Ecken des Gebäudes verteilt, die ihrerseits durch Strebepfeiler und eine Verankerung der Mauer gegen Ausbiegen gesichert seien. Für das obere Gewölbe empfahl er Zopfsteine und verwies auf die guten Erfahrungen, die Stüler bei deren Verwendung für die Wölbung des Saales bei dem neuen Königlichen Museum gemacht hatte. Die Glocke sollte durch einen jalousieartigen Verschluss, der bei Feierlichkeiten entfernt werden könne, gegen Diebstahl geschützt werden.

Stülers achteckiger Entwurf, von Lauenburg vollendet und in Aquarell gezeichnet, wurde zum Ausführungsent-wurf. Zum Spätherbst 1855 musste der Bau jedoch erst einmal unter ein Notdach, bevor die Arbeiten im Frühjahr fortgesetzt werden konnten. Laudiens Plan, den ganzen Abbund aufzusetzen, den Bau zu richten und alles im Frühjahr noch einmal aufzunehmen, lehnte der Angerburger Bausachverständige ab. Auch dessen Behauptung, er könne mit dem Inspektor und dessen Leuten eine Notbedachung selbst herstellen, war ihm zweifelhaft, weshalb er im Oktober persönlich nach Steinort kam.

Noch ein halbes Jahr dauerten die Arbeiten. Am 27. August 1856 konnte der Bau, der Ewig denkwürdig in der Vergangenheit! Hochfestlich für die Gegenwart! Bedeutungsvoll in der Zukunft!  sein sollte, gerichtet werden. Ein Jahr später, am 17. September 1857, wurde der in Königsberg verstorbene Graf Carl Friedrich Ludwig von Lehndorff hier beigesetzt. Zuvor hatte Generalsuperintendent Sartorius die oberen Räume der Kapelle als Gotteshaus geweiht.  Der nächste hier Begrabene war sein Enkel, der im Alter von nur drei Jahren in Steinort verstorbene Meinhard von Lehndorff. Auf dem umgebenden Friedhof fanden die Angestellten der Lehndorffs ihre letzte Ruhe, deren hölzerne Särge und Kreuze aus Eisenguss auf Kosten der Herrschaft angefertigt wurden. Die Überreste der Leichen auf dem Kirchhof, die man bei den Bauarbeiten gefunden hatte, erhielten drei Särge und wurden neu bestattet. Ob die im Februar 1881 bei der Königsberger Eisengießerei L. Steinfurt in Auftrag gegebene Gedenktafel ohne Vergoldung, verschiedene Steinmetzarbeiten und die Vergoldung von Buchstaben für Gräber in der Kapelle notwendig geworden waren?  Dehio erwähnt Epitaphien für Melchior und Friedrich von Lehndorff (gest. 1671), ein Mittelbild mit Kreuzigung und Auferstehung Christi, einen Epitaph für Kaspar von Lehndorff (gest. 1676) und eine Grabplatte für Meinhard von Lehndorff (gest. 1639) mit Ganzfigur in Rüstung, an den Ecken mit Wappen versehen. Die Christusfigur des Kreuzes aus der Kapelle (um 1530) befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Museum in Heilsberg.

Während der General-Visitation der Diözese Rastenburg wurde am 13. Mai 1858 durch den Generalsuperinten-denten Ernst Wilhelm Christian Sartorius der obere Raum als Gotteshaus geweiht. Fortan konnten hier Gottesdienste stattfinden, für die die Lehndorffs ein silbernes Taufbecken und eine Taufkanne stifteten. Im Mai 1880 Komtess Agnes hier eingesegnet, auch die Trauung von Magdalena Gräfin von Lehndorff mit Gustav Graf von Borcke am 20. August 1858 sowie von Anna Gräfin von Lehndorff mit Siegmar Freiherr von Schrötter am 14. Juni 1884 wurde in der Kapelle zu Steinort vollzogen.

Schloss Steinort (Sztynort) in Masuren, hier auf einer Aufnahmen vom Sommer 2019, war der Stammsitz der Grafen von Lehndorff. Foto: G. Huch, Berlin
Schloss Sztynort (Steinort) in Masuren im Sommer 2019. Foto: G. Huch

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